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Begegnungen in der Steppe 12.06. – 17.06.2013

von Aqtöbe nach Aral 

Die zwei Orte Aqtöbe und Aral werden durch eine neue Strasse verbunden, die quer durch die Steppe führt. Seit 4 Jahren wird an dieser Strasse gebaut, sie wird in diesem Jahr fertig gestellt sein. Wir haben Glück, die Bauarbeiten sind vor Aral angelangt und wir müssen nur noch paar km die alte Piste benutzen.

Während die ersten 100 km der Landschaft noch von Getreidebau geprägt ist, (das längste von uns gemessene Feld ist exakt 5 km lang!) geht die Landschaft bald in Steppe und bis Aral zur Halbwüste über. Wir sind erstaunt, dass wir von Zeit zu Zeit immer wieder Pferde und Rinder sehen, aber in der endlosen Weite nirgends eine Farm erblicken und können uns auch nicht erklären, von was diese Tiere leben. Da ist ja nichts. Was wir sehr viel zu Gesicht bekommen sind Murmeltiere ähnlich den unseren, ein bisschen kleiner und natürlich die Kamele.

Unsere Fahrt durch die wirklich schier endlose Steppe Kasachstans ist gleichzeitig verbunden mit der Herzlichkeit der ländlichen Bevölkerung. Immer und immer dürfen wir diese erleben. Und…..je weiter wir gegen Süden und Osten vordringen, je herzlicher werden die Leute.

So sind wir am ersten Tag in einem Cafe und nehmen das Mittagessen ein, welches und prompt von Kasachen offeriert wird. Am nächsten Tag starten wir bereits um 06.15 Uhr im Wissen, dass wir heute eine Distanz von 130 km zurück legen werden, um eine Unterkunft zu finden. Wir haben günstigen Wind und kommen auch schnell voran. Unterwegs stoppen uns zwei Polizisten und wollen sich einfach ein bisschen mit uns unterhalten. Heute herrscht eine Glutofenhitze 40 Grad und mehr, die uns aber einigermassen erträglich erscheint, da ja der Steppenwind Gesellschaft leistet. Heute mal nicht schlechte…. ! Kurz vor Karabutak, der Ortschaft wo wir zu übernachten gedenken, hält ein Toyotafahrer an uns will uns mit seinem Gefährt mitnehmen, was wir dankend ablehnen. Unsere Unterkunft, die wir beziehen wollen, finden wir nicht, weil es sie schlicht und einfach nicht mehr gibt, wegen der neuen Strasse überflüssig geworden ist. So gehen wir in ein dortiges Restaurant, essen etwas und fragen um eine Uebernachtungsmöglichkeit. Es gibt keine! Also fahren wir weiter, im Wissen, dass nach weiteren 55 km ein Cafe kommen wird. Das Restaurant aber steht aus dem gleichen Grunde nicht mehr. Also werden wir das Zelt aufstellen, nach paar Kilometer finden wir ein geschütztes Plätzchen, hier verbringen wir die Nacht, nach genau 190 km Fahrt. Das war jetzt doch ein bisschen zu viel des Guten, finden wir.

Obschon wir unseres Erachtens immer genügend Proviant und Trinken mit uns mitführen, kommen wir am nach folgendenTag in eine Wasserknappheit. Es ist heiss, es braucht Flüssigkeit, viel Flüssigkeit und die meisten in unserer Planung zur Versorgung aufgeführten Restaurants gibt es nicht mehr und genau mit diesen haben wir aber gerechnet! So halten wir in der drohenden Not einen Lastwagen an, der liebenswürdige Chauffeur gibt uns Wasser, notabene gratis! Irgendwo in der Steppe stellen wir unser Zelt auf und schlafen friedlich ein. Doch in der Nacht kommt der Steppenwind zurück. Und wie! Wir schlafen kaum noch, am Morgen gelingt es uns fast nicht, das Zelt abzubrechen. So fahren wir los, wir strampeln uns mit aller Mühe gegen den Wind. Alle paar Kilometer halten wir an und essen was, damit die Kräfte reichen. Nach 42 km, endlich kommt wieder mal ein Restaurant, gehen wir in diesem etwas Essen. Teigwaren und 3 Spiegeleier, damit wir von dem uns nicht sonderlich geliebten Schaffleisch Abstand nehmen können. Ich bestelle das Gleiche noch ein zweites Mal, auch diese Portion (fr)essen wir. In letzter Zeit haben wir die grösste Mühe, uns die notwendige Energie zuzuführen! Wir glauben, die Nahrungsmittel- insbesondere Schokoladeriegelindustrie konnten in den letzten Monaten wegen uns, ihre Umsätze gewaltig steigern…!

Da der böige Wind uns ein Weiterfahren nicht schmackhaft macht, bleiben wir über Nacht im Restaurant, das uns ein Zimmer zur Verfügung stellt.

Am nächsten Morgen fahren wir bereits um 6 Uhr los. Wir haben noch gut 200 km bis Aral vor uns, diese wollen wir nach Möglichkeit in zwei Tagen schaffen. Im ersten auftauchenden Restaurant nach 55 km Fahrt, nehmen wir unser Morgenessen ein. Wir machen nicht lange Rast und fahren weiter, bis uns ein Lastwagenchauffeur auf der anderen Strassenseite stoppt.  Er stellt uns die obligaten Fragen, steigt auf seinen Brummi und holt eine riesige Wassermelone hervor. Er will diese uns mitgeben, wir aber haben keinen Platz. So essen wir sie halt hier, notabende auf der Strasse, mitten in der Steppe unter glühender Sonne! So eine GUTE Melone, haben wir wohl noch nie gehabt, wie die schmeckt……! Plötzlich hält ein Geländewohnmobil an, Manuela und Rudolf aus Deutschland, die längere Zeit per Wohnmobil unterwegs sind. So können wir uns wieder mal in Deutsch in einem interessanten Gespräch unterhalten. Wir verabschieden uns von den Chauffeuren und den beiden Deuschen und fahren noch etliche Kilometer bis wir einen geeigneten Standplatz für unser Zelt finden. Hoffentlich geht der Wind auch mal schlafen diese Nacht. Das tut er tatsächlich! So nebenbei haben wir heute noch die 4. Zeitzone seit unserer Abreise überfahren, wir sind jetzt der Schweiz bereits 4 Stunden im Voraus. Am sechsten und geplanten Ankunftstag in Aral haben wir auch wieder unseren lieben Kollegen Wind bei respektive gegen uns. Nach 35 km härtester Arbeit, gehen wir in ein Restaurant und essen was. Nach dieser Energiezufuhr fahren wir weiter, bei nicht mehr so starkem Gegenwind. 3 Autofahrer überholen uns, halten an, machen Fotos und geben uns ein Flässchen Dizzy-Energie Trink. Die Flasche ist schnell leer, ob unsere Fahrt nachher schneller war, ist dem Schreibenden mangels Vergleichsmöglichkeit nicht bekannt! Kurz vor Aral werden wir von Strassenbauarbeitern gestoppt, alle legen die Arbeit nieder und wollen mit uns sprechen. Aus allen Ecken und Löchern kommen sie zu uns gerannt! Wir kommen auf der alten Strasse in Aral an, einem heruntergekommenen Fischerdorf. Die Blüte dieses Ortes ist längst vorbei, seit der Aralsee sich zurückgezogen hat.
Der Aralsee respektive was von ihm übrig geblieben ist, ist eine Umweltkatastrophe sondergleichen.

Hier war mal ein See....
Hier war mal ein See….

In dem einzigen Hotel, zutreffender ist der Ausdruck „Absteige!“ buchen wir für eine Nacht und wir wollten doch ursprünglich hier 2 oder 3 Tage bleiben.

Mit dem Zug von Atyrau nach Aqtöbe 08.06. – 09.06.2013

Nach diversen Warnungen und Abraten von Personen vor Ort, die Strecke Atyrau-Aqtöbe mit dem Fahrrad zurück zu legen, haben wir uns entschlossen diesen Teil mit dem Zug zu bewältigen. Die Strassenverbindung zwischen diesen zwei Orten ist nur auf 100 km einigermassen normal, der Rest sind Sandpisten bestehend aus Löchern, Fahrrinnen und Sandwällen. Diese Tatsachen wussten wir schon bei unserer Planung, aber offenbar ist der Zustand der Pisten im Moment so schlecht, dass wir uns auf ein Experiment erst gar nicht einlassen wollen!

So buchen wir uns 2 Zugtickets zu einem Preis von nicht mal CHF 19.00! (für beide!). Die Mehrheit unseres Gepäcks und die Fahrräder geben wir schon 2 Tage vor unserer Abreise für den Versand auf, aber gemäss dem Bahnpersonal sollen diese erst 2 Tage nach unserer Ankunft in Aktöbe ankommen!

Am Samstag um 18.40 Uhr geht’s los. Wir sitzen im Zug, dieser fährt ratternd aus dem Bahnhof in Atyrau raus. Es rumpelt und quietscht und schüttelt obschon die ersten Kilometer nur mit ca. 30 bis 40 Stundenkilometer gefahren werden. Später liegt immerhin eine Reisegeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern vor. Die Sitzbänke im Zug tragen das ihre dazu bei, dass es uns während der Fahrt nicht zu allzu gemütlich wird.

bahn_01

Der Zug ist voll besetzt, alle starren uns an und denken wohl, was denn die 2 Fremdlinge hier zu suchen haben. Unser Sitznachbar fragt uns, ob wir denn wirklich nach Aqtöbe wollen?! Ja, das wollen wir tatsächlich.

Es dauert nicht lange, da verteilt der Zugbegleiter jeder Person ein Frottiertuch, ein Kopfkissenüberzug, ein Matratzenüberzug und ein Tuch um sich zu decken, falls man kalt haben sollte. bahn_02Emsig werden von allen Mitfahrenden bereit liegende kleine Matratzen auf den Sitzbänken ausgebreitet, die Kopfkissen und Matratzen angezogen. Als nächstes stürzen sich alle auf die Toilette und machen sich klar für die Nacht. Es dauert wohl keine halbe Stunde ist in unserem Wagon alles am Liegen. Also machen wir dieses Prozedere auch. Die Nacht dauert ziemlich lange, es gelingt uns ab und zu ein Auge zuzudrücken. Nach  fünf oder sechs Stunden Fahrt, hält der Zug in einer kleinen Ortschaft, hier ist Basar. Alle rennen aus dem Wagen und gehen Einkaufen. bahn_03Nach einer halben Stunde geht die Fahrt weiter, durch die Steppe Kasachstan, Aqtöbe zu. Gegen halb elf am Morgen erreichen wir unseren Zielbahnhof. Wir gehen bei der Gepäckausgabe vorbei um zu schauen, ob unsere Velos evtl. bereits hier sind. Sind sie natürlich nicht, wir sollen morgen wieder kommen. Dies werden wir machen, obschon das Gepäck aller voraus Sicht nach erst am Dienstag ankommen wird. Wir buchen ein Hotelzimmer in der Nähe des Bahnhofs, machen uns frisch und gehen getreu unseren Gepflogenheiten, nach zurück gelegten Etappen, ein Bier trinken.

Also warten wir……auf unsere Velos!

Am darauf folgenden Tag, gehen wir beim Bahnhof vorbei, unsere Fahrräder sind natürlich nicht da. Also warten wir noch einen Tag und gehen nochmals nachschauen. Und siehe da, alle unsere Gepäckstücke inkl. Fahrräder sind eingetroffen und es fehlt nichts. Alles ist unbeschädigt, was wollen wir mehr. Elisabeth und ich schauen einander an, ein grosses Aufatmen von uns Beiden folgt. Wir fühlten uns seit Aufgabe des Gepäcks, nie so wohl, wie gerade in diesem Augenblick!

Nun machen wir noch unsere Räder startklar für morgen, morgen geht’s weiter durch die Steppe Richtung Aral.

Durch die Steppe von Elista nach Astrakhan 20. – 23.05.2013

Wir verlassen Elista. Jetzt ändert sich alles sehr drastisch.
Es beginnen die grossen, weiten und endlosen Flächen des Südens. Noch hat es ab und zu Bäume, die aber immer rarer werden, um dann ganz zu verschwinden. Unser Getränke- und Essensvorräte sind aufgestockt, da die auf dieser Strecke liegenden kleinen Dörfer  grosse Distanzen auseinander liegen, wo man sich in kleinen Kaffee’s verpflegen kann. Nun fahren wir in der schier endlosen Steppe, auf langen Strassengeraden und ziemlicher Hitze. Doch der Wind hat nicht nur die negative Eigenschaft, dass er Radfahrer bremst, die die falsche Richtung fahren, sondern er hält auch die Hitze in erträglichem Rahmen. Und so machen wir am liebsten die Pausen auf dem Rad, mangels anderer Gelegenheiten!
Am ersten Tag in dieser Steppe, in einem kleinen Dorf, machen wir uns auf die Suche nach unserem Hotel, das wir bereits im Voraus gebucht haben. Das Hotel ZELT.  2 km hinter dem Dorf finden wir paar Sträucher, die uns die nötige Deckung geben unser Zelt hinzustellen. Am nächsten Tag fahren wir weiter, ohne Morgenessen, aber wohlwissend, dass in den nächsten 10-15 km eine Verpflegung Möglichkeit kommen wird. Na ja, es waren schlussendlich vier Mal mehr! Der Schreibende hat ganz einfach, falsche Informationen im Reiseplan hinterlegt! Gut haben wir genügend Proviant bei uns, so können wir uns aus der eigenen Küche verköstigen. Uebrigens: Das Hotel Zelt können wir empfehlen, und gut geschlafen haben wir auch! Auf unserer Fahrt, es geht nicht lange, hält eine vorbei fahrende Polizeipatrouille, stoppt uns, kommt zu uns, gibt uns die Hand und will allerlei wissen, über woher, wohin, wie viele km, wie lange, Gewicht der Räder, Navigation etc. Nach kurzem Gespräch, salutieren die zwei Herren und verabschieden sich. Zufrieden mit sich selber und den erhaltenen Informationen der 2 Schweizer Radfahrer.  Wir machen noch paar km, da taucht ein kleines Dorf auf, vielleicht 20 Häuser, nicht mehr. Und….es hat ein kleines Beizli am Strassenrand. Wir halten, holen 2 Bier und trinken diese, da wir beabsichtigen hier in der Nähe unser Zelt aufzurichten. Ein Anwohner kommt mit dem Töff vorbei, sieht uns und fängt mit uns ein Gespräch an. Wir geben ihm zu verstehen, dass wir einen Standplatz für unser Zelt suchen. Er nimmt sein Handy, ruft den Schulhausabwart an. Die kommende Nacht ist unser Zeltplatz hinter dem Schulhaus, gesichert durch einen Zaun und nicht gesehen von der Strasse. Die Tatsache, dass hier 2 Fremde ein Zelt aufstellen wollen, macht offenbar die Rund im Dorf. Von allen Seiten strömen Kinder herbei und sehen uns gespannt bei unserem Hausbau zu. Am nächsten Morgen kommt der Schulhausabwart und auch er will wissen, wie ein Zelt abgebaut wird.

Die Schuhe müssen auch wieder mal geputzt werden!
Die Schuhe müssen auch wieder mal geputzt werden!

Weiter geht die Fahrt durch die Steppe, unentwegt Astrakhan zu. Die Steppe geht mancherorts bereits in Wüste über und wir stellen uns vor, dass hier in einigen Jahren die Steppe der Wüste Platz gemacht hat. Wir kommen vorbei an vielen kleinen Salzseen und sind nun in einer weiteren Ortschaft angelangt. Bei einem Bauern finden wir einen guten Zeltplatz, in unmittelbarer Nähe seines Hauses. Nun haben wir noch die letzten km nach Astrakhan vor uns. Nach über 320 km Steppenlandschaft kommen wir in dieser Grossstadt im Wolgadelta an. Wir buchen ein Hotelzimmer für über eine Woche, mit Blick auf die Wolga. Kasachstan ruft, am 1.06.2013 dürfen wir dort einfahren.